Was sind Hartz-IV-Empfänger? Leute, die Pech gehabt haben? Versager? Spätrömer in der sozialen Hängematte? Opfer einer verfehlten Sozialpolitik? Nutznießer des westlichen Sozialstaates? Ausgestoßene? Arme Menschen, denen man besser aus dem Wege geht?
Jan Schimmagk meint, dass sie zuerst Bürger eines demokratischen Staates sind, die ein Recht in Anspruch nehmen. Das Formular allerdings, mit dem sie dieses Recht beantragen, behandelt sie eher wie Leute, die diszipliniert werden müssen und sich den Bedürfnissen von Behören unterzuordnen haben.
Deswegen stellt sich Schimmagk die Aufgabe, alle 21 [?] meist mehrseitigen Antragsformulare völlig neu zu gestalten, die Formulierungen der Fragen und Hilfeseiten eingeschlossen. Nicht, damit sie schöner aussehen und die bittere Pille versüßt wird, sondern damit die Antragsteller als mündige Bürger behandelt werden, die verstehen können, welche Informationen man von ihnen braucht, um über ihren Antrag entscheiden zu können, damit sie die Folgen ihrer Einträge zu überblicken vermögen, damit die Formulare übersichtlich werden und der Ton der Fragen angemessen, bürgernah und an der Realität orientiert.
Das ändert nichts an der fatalen sozialen Lage dieser Menschen, die wissen, dass auch das nächste Sparpaket sie meinen wird. Aber es gibt ihnen einen Stück Würde zurück – dafür kann man sich nichts kaufen, und doch brauchen viele diese Würde so dringend wie die nötigen Mittel zum Leben.
Damit Jan Schimmagk dieser anspruchsvollen Gestaltungsaufgabe gewachsen sein konnte, rekapituliert er bis ins Detail die Entstehung der Hartz-IV-Gesetze, die kontroversen Diskussion um sie, ihre Folgen für Betroffene und nicht Betroffene. Er ordnet diese neue Sozialpolitik ein in die Widersprüche der zu Ende gehenden Arbeitsgesellschaft. Und er fragt, was ein Formular ist, wozu man Formulare braucht, welche Funktion sie haben und wie man sie gestalten kann. Das alles kann man in der Theoriearbeit gründlichst recherchiert nachlesen – und die Formulare kann man sich ansehen, die alten und die neu gestalteten.