Frauensache: Neugier auf preußische Fürstin

Rückseite des leeren Sockels für Sophie Dorothea von Sonderburg Glücksburg, Ehefrau des Kurfürsten Wilhelm von Brandenburg, im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg, Berlin. Foto: privat
Noch während der vorlesungsfreien Zeit sind die Studentinnen der Hochschule Wismar nach Berlin gereist, um dabei zu sein, als ihre „Vorboten-Sockel“ im öffentlichen Raum platziert wurden. Hier testen sie spontan die Tragkraft der auffälligen Betonelemente von links: Lina Berg, Anne Sell und Rebekka Menzel. Fotos: privat

Sieben leere pinkfarbene Denkmalsockel rund um das Berliner Schloss Charlottenburg, vor der Villa Liegnitz in Potsdam und in der Zitadelle in Berlin-Spandau ziehen seit dem letzten Freitag im August 2014 die Blicke zahlreicher Besucher auf sich. Und genau das haben drei Studentinnen der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar, Rebekka Menzel, Lina Berg und Anne Sell, beabsichtigt, als sie für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Entwürfe entwickelten. Ihr Ziel ist es, auf die im August nächsten Jahres beginnende kultur-historische Ausstellung „Frauensache. Wie Brandenburg Preußen wurde“ hinzuweisen.

Fokus auf weibliche Mitglieder einer Dynastie
Wie so oft im Studienablauf des Studienganges Kommunikationsdesign und Medien ein Kurs, also eine Semesteraufgabe, der Anlass für eine verblüffende und im Idealfall realisierten Idee. Eine der Aufgaben zu Beginn des Wintersemesters 2013/2014 bestand darin ein Konzept auszuarbeiten, das eine Ausstellung ankündigen würde, die Mitte 2015 eröffnet werden soll. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) wird mit der geplanten Ausstellung den Fokus auf weibliche Mitglieder einer Dynastie legen, tradierte Bilder aufbrechen und jene Persönlichkeiten vorstellen, deren große Bedeutung für das kulturelle und politische Werden des Staates vernachlässigt worden ist. Vor dem weiten Horizont von 500 Jahren Herrschaftsgeschichte ist dazu ein thematisch gegliederter Rundgang geplant.

Rebekka Menzel, Lina Berg und Anne Sell
Diesen Anspruch der Ausstellung aufgreifend haben zunächst Studenten verschiedener Gestaltungsstudiengänge der Hochschule Wismar Entwürfe entwickelt, die sie im Januar 2014 der Stiftung vorgestellt haben. Im Anschluss an diese Veranstaltung entschied sich die Stiftung für das Konzept von Rebekka Menzel und Lina Berg, die im 7. Semester Kommunikationsdesign und Medien studieren. So konnten die beiden Studentinnen umgehend mit der Umsetzung beginnen. Sie holten Anne Sell an ihre Seite, die damals ihre Masterthesis im Studiengang Innenarchitektur schrieb und alle technischen Arbeiten sowie organisatorischen Aufgaben der Umsetzungsphase übernahm.

Fürstinnen standen im Hintergrund
„Die Auseinandersetzung mit der Geschichte im Allgemeinen, aber vor allem auch mit den persönlichen Geschichten der einzelnen Frauen, wirkte für uns von Beginn der Arbeit an sehr reizvoll. Das Thema ist eine neue Sichtweise auf die bisher bekannten Persönlichkeiten und Abläufe bei den Hohenzollern“, blickt Rebekka Menzel auf den Beginn der Arbeit und den Wunsch die Stiftung zu unterstützen zurück. „Wir haben erfahren, dass den Frauen der Hohenzollern in der Geschichte sehr wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde, obwohl sie wichtige Aufgaben hatten wie die Repräsentation des Hauses oder für Nachwuchs zu sorgen. Die Fürstinnen standen trotz ihrer Wichtigkeit und ihrem großen Einfluss stets im Hintergrund“, ergänzt Lina Berg. Besonders spannend fanden sie und ihre Mitstreiterinnen es, dieses historische Thema modern und attraktiv für die heutige Zeit aufzufassen und den Besuchern des Schloss Charlottenburgs die Historie mit heutigen Kommunikationsmitteln näherzubringen. Als eine „Provokante Intervention“ bezeichnen die Vertreter der SPSG das Projekt der drei jungen Frauen, die ihre Idee damit bestätigt sehen.

Fehlende Elemente stören das gewohnte, gelernte Bild
Ihrem Konzept liegt das Phänomen zugrunde, dass fehlende Elemente das gewohnte, gelernte Bild stören und dadurch ein ganz neuer Fokus und eine neue Wichtigkeit auf diesen liegen. Dieses Phänomen übertrugen sie auf den Denkmalsockel, der im Konzept ohne Figur ist. Die rosafarbenen „Vorboten Sockel“ drängen sich dem Betrachter regelrecht auf, um die Geschichte der Fürstinnen zu erzählen. Zum einen tun sie das durch die auffällige Farbigkeit – die Verwendung der Klischeefarbe Pink – und die Form als überaus selbstbewusst erscheinendes Pendant zum entsprechenden Sockel „männlicher Natur“ sowie die Platzierung um das Schloss und andere zentrale Plätze. Zum anderen sind Informationstafeln auf den Sockeln angebracht, um etwas über die Königin oder Fürstin, aber auch über die Ausstellung zu erfahren.

Betreut durch die Professoren Annette Leyener und Oliver Hantke
Betreut wurde das Projekt von Professorin Annette Leyener, die an der Fakultät Gestaltung „Künstlerisches Grundlagenstudium, insbesondere Naturstudium“ sowie Professor Oliver Hantke, der an derselben Fakultät „Innenarchitektur, Grundlagen des Entwerfens, Planung und Entwurf“ lehrt. Die „Vorboten-Sockel“ wurden aus Beton gegossen und in den Werkstätten der Stiftung in Potsdam gefertigt.

Weitere Informationen
Mehr Informationen zur Ausstellung Frauensache sind auf der Webseite der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zu finden.

Pressetext: Hochschule Wismar, Kerstin Baldauf


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