Anne Lengnink Auf dem Grund ist Dunkel genug (Titel frei nach Ingeborg Bachmann)
In meinen Arbeiten wird Sexualität als der Gelenkpunkt unserer Geschlechterverhältnisse thematisiert, allerdings nie aggressiv sondern subtil, nicht privat werdend und trotzdem stark irritierend. Die lustvolle Erfahrung steht bei mir häufig im Vordergrund. Dank der poetischen Qualität der Werke öffnen sich die Betrachtenden „von selbst“ statt sich zu verschließen, welches bei Themen wie z.B. Sexualität nicht selbstverständlich ist. Vermeintliche Paradoxien finden sich bei mir häufig, sind erfahrbar, selbstverständlich fühlbar und verändern ganz nebenbei die Selbst- und Weltwahrnehmung.
Mammae masculinae
Die Kombination von Latex und Porzellan dient dem Auslösen einer Grenzerfahrung. Beständiges steht Vergänglichem gegenüber. Der Körper ist zwischen diesen beiden Materialien einzuordnen. Das Porzellan erscheint sehr hart und dauerhaft. Demgegnüber steht der Latex, der lichtempfindlich und dünnhäutig ist, dadurch flüchtig und unbeständig wird. In der Kombination wirkt der wuchende Latex wie eine zweite Haut. Er umhüllt die Porzellankörper und schließt sie ein.
Paradoxon
Schwarzer Stahl als Industrie-, Maschinen- und Männermaterial. Eine völlig andere, glänzende Härte tritt mit dem Porzellan in Beziehung. Die laserverschweißten Stahlkörbe wirken wie Käfige, Zäune, Prothesen. Konstruktives steht Wucherndem gegenüber. Hier wird auf das Paradoxon der Fremdheit verwiesen. Was wir als fremd empfinden, ist konstruiert und nicht konstant. Auch der Umgang mit dem Fremden und Unkontrollierbaren wird thematisiert. Grenzerrichtung zur Selbstbehauptung.
Flora
Etwas der Abschwächung durch erotisch-sinnliche Überhöhung entgegensetzen. Eine andere Sinnlichkeit auf rauschhafte Ausschweifung o.ä. zu reduzieren, verdeckt das wahre Potential der Figur (bspw. Aphrodite). Ein Collier zur Selbstbehauptung.
Circumclusion
Die klassische Perlenkette, die traditionell einer Frau zur Verlobung oder Hochzeit geschenkt wird, wurde in diesem Entwurf in Form, Funktion und Bedeutung entgrenzt. Die Art und Weise, wie die Perlenelemente miteinander verbunden sind, ihre Materialität und Form weckt vor allem eine Frage: Womit haben wir es hier zu tun? Grentübertritte