Feierabend

Projektinfos

Jahr: 2009

Studiengang:
Kommunikationsdesign und Medien

Betreuung:
Wisotzki, Jochen, Prof. a. D.

Teilnehmer*innen:
Vico Zabel

Projektart:
Abschlussarbeit

3-D-Animation / Diplomfilm

DV / 4:3 / 5 min:

Realisation: Vico Zabel

Was, wenn zwei Freunde in einem Raum arbeiten und der eine Feierabend machen will, der andere aber ganz und gar nicht? Pilotfilm für eine Trickfilm-Reihe über die schrägen Abenteuer eines jungen Grafikdesigners und seines Hundes.

Festivalteilnahme
51. Nordische Filmtage Lübeck, 2009

Filmrezension
Vico Zabel zeigt den Pilotfilm zu einer Zeichentrickserie, deren dramaturgische Idee, deren Charaktere und grafische Gestaltung er auf der Grundlage einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der Gattung des Zeichentrickfilms entwickelt hat.

In seiner theoretischen Arbeit hat er sich außerordentlich intensiv mit dem Wesen des Komischen und mit den Theorien dazu auseinandergesetzt. In einem weiteren Schritt analysierte er drei unterschiedliche Zeichentrickserien und erarbeitete auf der Grundlage seiner theoretischen Untersuchungen, seiner Beobachtungen und der Äußerungen der Serienschöpfer Regeln und Mechanismen, auf denen das jeweilige inhaltliche und Gestalterische Konzept beruht. Schließlich entwickelte er daraus das Konzept zu einer eigenen Serie, deren erster Teil hiermit vorliegt.

In einer aufwändigen 3D-Animation begegnen wir zwei schon in der Physiognomie sehr individuell ausgeprägten Charakteren – einem Hund und einem jungen Mann. Sie werden in einer Situation etabliert, die sich der klassische Hund-Herrchen-Konstellation bedient und zugleich darüber hinausweist.  Am Tisch sitzend mit zwei Händen ausgestattet, wird der Hund gleichberechtigt als Person neben dem Jungen eingeführt .Diese Konstellation ist aus einem komplexen Geflecht von Figurinen-Entwicklung, Darstellungstechnik, physiologischen und psychologischen Beobachtungen sowie dramaturgischen Konsequenzen für Handlungsmuster aufgebaut. Sie schafft die Möglichkeit, im Laufe der Serie Konflikte aus der klassischen Hund-Herrchen- Konstellation zu entwickeln, zugleich aber auch aus dem Aufeinanderprallen gegensätzlicher Charaktere und ihrer unterschiedlichen Reaktionen auf die kleinen und großen Herausforderungen des Lebens. Denn zugleich führt uns diese Konstellation in die Welt der Alltagskonflikte von Charakteren, die miteinander auskommen müssen, doch in der Gestaltung ihres Lebens partout eigene Wege gehen wollen.

In dieser Episode ist es ein Konflikt, der sich aus gegensätzlichen Haltungen zum Feierabend und zur Reaktion auf Leistungsdruck ergibt. Es ist eine klassische Alltagssituation, in der wohl jeder der Zuschauer schon einmal war – in der Situation dessen, der erwartet, dass sein Partner nun endlich einmal auf ihn eingeht, oder in der Situation des jungen Mannes, der unbedingt seine Arbeit zu Ende bringen will und Verständnis von seinem Partner erwartet. Die Etablierung dieser Figuren und ihres Konfliktes sowie dessen Steigerung gelingt Vico Zabel sehr überzeugend und in einem ausgefeilten Timing.

Was in so einer Wertung leicht dahinsagt scheint – wer sich schon einmal selbst an der Ideenfindung und Realisierung eines Animationsfilmes versucht hat, ahnt es - ist  Resultat eines außerordentlich komplexen und hohe Sensibilität erfordernden Herstellungsprozesses. Ich rede jetzt nicht nur über die Mühen der Entwicklung der konkreten grafischen Gestaltung und der Animation von Bewegungen. Zwar ist das auch eine große Fleißarbeit, doch weit aufwändiger und Kreativität herausfordernd ist die Beobachtung und Gestaltung ausdrucksstarker Mimik und Gestik, die zugleich realitätsgebunden und übertreibend sein sollte. Und das mit einer Zeitökonomie, die uns sowohl ein Gefühl für die aufkommende Langeweile des Hundes, als auch für die sich aufladende Spannung des Konfliktes vermitteln muss, um sich zum richtigen Zeitpunkt zu entladen.

All dies gelingt auf überzeugende Weise. Innerhalb der situativen Handlungsdramaturgie stützt sich die komische Wirkung dabei vor allem auf kleine, genau beobachtete und wiedergegebener Gesten und Vorgänge. In dieser Liebe und gestalterischen Fähigkeit zum psychologisierenden Detail liegt die größte Kraft und Komik dieser Episode. Diese Arbeit macht deutlich, dass er nicht nur gründlich gelesen und referiert hat, wie kluge Köpfe über die Jahrhunderte sich und uns das Lachen erklärten, die Bedingungen und Bedingtheiten für Komik. Vor allem zeigt sie, dass Voco Zabel Humor hat und das Talent und sogar die ernsthafte Ausdauer, ihn gestaltend umzusetzen.

Text: Jochen Wisotzki                                                                                                                                                                                                                                                                    


Zurück zur Projektübersicht