Wir leben in einer Welt, die überfüllt ist mit technischen Geräten. Alles piept, blinkt, macht Geräusche. Und für alles gibt es eine Anleitung. Mach es so und nicht so, sonst wird das nichts. Wer sich nicht haarscharf an die Gebrauchsanweisung hält, ist schon zum Scheitern verurteilt. Aber wo liegt die Individualität wenn alles nach Schema F abgearbeitet wird? Wo bleibt die Intuition? Entstehen nicht die meisten wirklich guten Dinge mehr oder weniger aus versehen? Oder weil sich jemand absichtlich nicht an die Regeln gehalten hat?
Meine Fotoserie spiegelt den Versuch wieder was passiert, wenn ich so wenig fotografische Lehrbuchtechniken wie möglich beachte. Ich wählte eine Lochkamera. Zwei Blenden – Sonne und Wolke – eine feste Belichtungszeit, kein Rädchen zum Scharfstellen. Nix Wechselobjektiv, nix Belichtungszeitmesser, nicht mal einen Objektivdeckel bietet das Gerät meiner Wahl. Die Hürde der übertechnisierten Fotoapparate war damit überwunden. Blieb noch das Hindernis: über den Bildausschnitt nachdenken. Ich wollte so wenig Zeit wie möglich an das eigentliche Bild verschwenden. Ich begann, die Kamera täglich bei mir zu tragen. Immer wenn ich das Gefühl hatte, jetzt ein Bild zu machen, tat ich dies. Direkt so wie ich stand, keinen Schritt nach rechts oder links oder in die Hocke gehen, einfach auslösen und weiter geht’s. Fotografierte ich an einem Tag zu viel, merkte ich, wie ich begann über meine Bilder nachzudenken und fotografierte die nächsten Tage gar nicht. Entstanden ist eine Serie, die es nicht geben würde, hätte ich mich nicht entschieden, einfach zu machen. Es sind Ausschnitte meines Lebens, winzige Momente des Innehaltens. Analoges Barytpapier: zelebrierte Langsamkeit statt schnell mal digital ausdrucken. Alles ausblenden, was ich über Fotografie theoretisch und praktisch gelernt habe, konnte ich sicher nicht. Aber zwischendurch mal den Kopf ausschalten und einfach machen funktioniert schon.