Mittwochmorgen, kurz nach 7.00 Uhr. Es ist neblig, dunkel und mit knapp unter 0 Grad recht winterlich. Eigentlich nicht die üblichen Voraussetzungen um den Tag im Wald zu verbringen. Trotzdem halten ein paar Unbeirrte an ihrem Vorhaben fest und machen sich auf den Weg in Richtung des Waldes um Bad Kleinen. Das Ziel: Wieder einmal wollen Studierende und Mitarbeitende der Fakultät Bäume pflanzen – wie schon die Jahre davor.
Revierleiter Ralf Lohmann nimmt uns an einem Wirtschaftsweg an seinem Wald in Empfang. Während sich alle mit der ersten Station vertraut machen, verbreitet dieser eine ansteckende Vorfreude auf das Projekt. Während Lohmann bildlich erklärt, was es bei der Arbeit im Wald und mit den empfindlichen Baumsetzlingen zu beachten gibt, ist sein Team bereits fleißig und treibt im Hintergrund im Sekundentakt, mithilfe eines motorisierten Pflanzbohrers, Löcher in den gefrorenen Waldboden.
Da alle Helfenden heute mit einem Spaten ausgestattet angereist sind, macht sich kurzfristig eine gewisse Irritation breit. Einige, die schon mehrmals dabei gewesen sind, wollten ihre in der Vergangenheit erlernten Fähigkeiten an der Schaufel zum Besten geben. Der erste Versuch, Pflanzlöcher mithilfe des Spatens zu graben, scheitert sofort an dem eisigen Untergrund. Zum Glück sind die Maschine und der „Göttinger Fahrradlenker“ vor Ort im Einsatz.
Nach etwas unbeholfenen ersten Versuchen mit den Setzlingen, stellt sich zeitnah eine gewisse Routine ein. Unter den wachsamen Augen von Ralf und seinen Kollegen, gelingt es allen Beteiligten sehr schnell, die Pflanzen korrekt in den Boden zu bringen – und zum Glück wird einem dadurch auch endlich warm. Erstaunlicherweise ist das erste Stück Waldboden in kürzester Zeit mit Rotbuchen gefüllt. Rotbuchen, so lernen wir, sind besonders gut geeignet. Sie sind widerstandsfähig und durchsetzungstark und müssen im Vergleich zu anderen Baumarten nicht eingezäunt werden, um sie gegen den Appetit von Rehen abzuschirmen. Wenn der Wald an den bepflanzten Stellen wächst, werden sich aber ganz natürlich noch weitere Baumarten beimischen. Wir sind erst einige Stunden an der Arbeit und haben schon die Hälfte der insgesamt 1600 vorgehaltenen Bäume in den Waldboden gebracht. Wir sind gespannt, was unsere nächste Station sein wird.
In kleiner Kolonne setzten wir uns in Bewegung und fahren durch das Waldquartier. Während wir Bäume in jedem Alter sehen, philosophieren wir darüber, dass wir „unsere“ Bäume, wenn sie in rund 100 Jahren wieder aus dem Wald geholt werden, niemals ausgewachsen sehen werden.
Auf dem Weg zur zweiten Pflanzstelle halten wir an den Stellen, an denen Studierende und Lehrende der Hochschule und das Forstteam in den vergangenen Jahren schon gepflanzt hat und sehen den Fortschritt, den die Bäume in wenigen Jahren machen konnten. Darüber hinaus gibt es spannende, anekdotische Einblicke in die Arbeit eines Forstwirtes, einen Schwenk durch die politischen Interessen an Wald und Holz zur Zeiten der DDR bis heute und bedrückende Beweise für die Folgen von heißen trockenen Sommern und den damit verbundenen Schädlingsbefall, welcher Schneisen von zerfressenen Bäumen zurücklässt.
Die Berichte hätten noch lange anhalten können, aber wir merkten schnell, dass das Arbeiten auch viel zur angenehmen Körpertemperatur beigeträgt – und wir machen uns auf den Weg zur letzten Station, um das große Tagesziel von 1600 zu pflanzenden Jungbäumen zu erreichen.
Dem Brummen des „Pflanzfuchs“, wie die Produktlinie des Pflanzbohrers passenderweise heißt, folgend, ging es zurück an den Waldboden, in den wir mit mittlerweile recht flüssigen Bewegungen die Jungpflanzen einarbeiten konnten. Dass einem Setzling, der im Einkauf etwa 60 Cent kostet, ein hoffentlich jahrzehntelanges Leben bevorsteht, beeindruckt im Verlaufe des Tages immer mehr. Ebenso wie der Fakt, dass eine Buche in der Lage ist, in ihrem Leben bis zu 3,5t CO2 zu speichern.
Während das Ziel immer näher rückt und die Setzlingsbunde immer weniger werden, wird die Tätigkeit immer meditativer. Der Tag im Wald, in kalter klarer Luft kommt den Teilnehmenden, zwischen Prüfungen und dem Stress am Semesterende sehr entgegen. Wir kommen wieder und danken allen Beteiligten sehr herzlich :)
Text Leon Schröder, MA Architektur