Patricia Wieckowski wählt das Thema nicht von ungefähr. Intuitiv weiß sie, wie viel Potenzial darin steckt und wie nah sie damit der menschlichen Psyche kommt, die sie umgarnen und „überrumpeln“ möchte.
Der Barnum-Effekt hilft ihr dabei. Das ist ein Effekt der Täuschung, der die menschliche Neigung beschreibt, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person als treffend zu akzeptieren. Aber auch die wissenschaftlich umstrittene Graphologie geht ihr zur Hand und liefert Hinweise zur Gestaltung der Schrift.
Mit traumwandlerischer Sicherheit bewegt sich Patricia Wieckowski zwischen Aberglaube und Wissenschaft, pflückt hier und dort die notwendigen Ingredienzien für ihren „Cocktail” und füllt alles in die den vier Temperamente-Typen entsprechenden „Flakons“. Die Flakonsilhouette gibt die jeweilige Idee deutlich zu erkennen. Collagenhaft und virtuos kombiniert sie alle Möglichkeiten der Goldschmiedekunst. Knallrotes Emaille wird mit funkelnden Steinen und expressiver Schrift zur Charakterisierung des Cholerikers genutzt. Der Sanguiniker tanzt gekonnt mit Blümchenornament, flatternder Schrift und überbordendem Steindekor auf dem Drahtseil, immer schwankend zwischen Kitsch und Kunst. Das Ganze wird zum Glück geerdet von Melancholie und Phlegma. Verhalten, auf den ersten Blick fast öde und abstoßend, kommt der Phlegmatiker daher. Scheinbar nur das Nötigste wurde gemacht: Ein wenig Emaille, vereinzelte Buchstaben schweben in Richtung Bodensatz, selbst die Broschierung wirkt mit wenig Aufwand wie provisorisch angeklemmt.
Mit der Broschengruppe Melancholie beweist Patricia Wieckowski, wie subtil und gekonnt sie mit den einzelnen Stilmitteln umgehen kann. Fein verwoben ins Ornament, wirkt der Schriftzug introvertiert und von einer eleganten Traurigkeit umspielt.